Daten im Betrieb

Lidl bespitzelt weiter

Posted on: 5. April 2009


Das selbe alte und altbekannte Spiel:
ein Unternehmen fühlt (1) sich von den „Gesetzen des Marktes“ her berechtigt, jegliche auch Persönlichkeits- und Arbeitsrechte verletzende Praxis zur eigenen Gewinnmaximierung einzusetzen, wird (2) bei solchen Praxen ertappt und spielt daraufhin sofort (3) die Öffentlichkeitsarbeit-Strategie, dass man als Unternehmen diese Praxen schon abgestellt habe und ein superduper-netter Arbeitgeber voller Verantwortung sei.

Dieses Spiel kann freilich nicht nur einmal betrieben, sondern nahezu beliebig oft wiederholt werden. Das hat zuletzt der Herr Ex-Bahnchef Ich habe mir nichts vorzuwerfen Mehdorn in endlosen Schleifen durchexerziert und schließlich tatsächlich überstrapaziert. (jetzt soll Mehdorn Innenminister werden 😉 )

Jetzt ist es wieder eines der Handels-Unternehmen mit der fröhlichen Managementphilosophie, durch Druck, Stress und Überwachung die letzte Optimierung aus dem eigenen – leider notwendigen – Arbeitsvieh herauszupressen, an der Reihe das Spiel von Bespitzelung, ertappt werden, sich als guter Arbeitgeber präsentierten aufzuführen.
Ja, der Diskonter Lidl ist gemeint.

Der Lebensmitteldiskonter Lidl steht erneut wegen fragwürdiger Registrierung von Mitarbeiterdaten in der Kritik. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ (der Spiegelartikel dazuhat das Unternehmen Beschäftigte in Deutschland aufgefordert, den Grund ihrer Erkrankung anzugeben, und diesen in firmeninternen Unterlagen festgehalten.

Der deutsche Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sehe das „äußerst kritisch“, heißt es im Vorausbericht des Magazins. „Der Grund der Krankheit geht den Arbeitgeber grundsätzlich nichts an.“ Schaar hat eine Prüfung des Falls durch die zuständigen Aufsichtsbehörden angeregt. „Dass man dabei zu dem Ergebnis kommt, das ist unzulässig, halte ich für ziemlich wahrscheinlich“, sagte er.

So leitet die ORF futurezone den Artikel Lidl führte Krankenakten über Mitarbeiter ein.

Dabei:

Im März 2008 hatte der „Stern“ enthüllt, dass Lidl systematisch Detektive in Filialen geschickt hatte, die dort heimlich die eigenen Mitarbeiter ausspähten. Sie notierten, wer tätowiert war, wer ein verschwitztes T-Shirt trug oder wer mit wem womöglich ein Liebesverhältnis unterhielt. Bundesweit hatten Datenschützer danach die Ermittlungen aufgenommen, im September schließlich wurde der Discountriese wegen Datenschutzverstößen zu einer Geldbuße von mehr als einer Million Euro verdonnert.

… erinnert der Spiegel. Die aktuellen Enthüllungen datieren aus der Zeit danach und nachdem – logischerweise – das Unternehmen schon einmal ganz ganz ganz ehrlich beteuert hat, dass diese Praktiken der Vergangenheit angehörten und nie wieder vorkommen würden!

Lidl versucht ja nun seit den letztjährigen Bespitzelungsskandalen mit millionenschweren TV-Reklamespots das ramponierte Image wieder etwas aufzupolieren (die typische Vorgehensweise ertappter Konzerne – es wird dabei vermutlich mehr Geld ins Image als in die tatsächliche Verbesserung gesteckt).

… argwöhnt Konsumpf, das Forum für kreative Konsumkritik.

Ja, aber jetzt sagt Lidl-Deutschland-Chef Frank-Michael Mros ja, dass Lidl schon seit einiger Zeit mit dem Bespitzeln und Überwachen aufgehört habe, klar, und dass bei Lidl „alles Erdenkliche“ unternommen werde „, damit dem Datenschutz in unseren Gesellschaften und Filialen Rechnung getragen werden„. Und das ist selbstverständlich so glaubwürdig wie das soziale Engagement irgendeiner High Society Charity Party Dame.
Wir sind erleichtert und beruhigt. Danke Lidl, für den Kampf gegen unmenschliche Arbeitsbedingungen und Bespitzelung.

3 Antworten to "Lidl bespitzelt weiter"

[…] Mehr dazu im Block “Daten im Betrieb” […]

[…] Der Konzern Lidl ist zum wiederholten Mal Thema des Daten im Betrieb Blogs, denn Lidl bespitzelt weiter: “Das selbe alte und altbekannte Spiel: ein Unternehmen fühlt (1) sich von den “Gesetzen des Markt…“ […]

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